






- Veröffentlichung01.01.2025
- RegieCosima Spender
- ProduktionVereinigte Staaten (2024)
- Dauer107 Minuten
- GenreDokumentarfilmMusik
- Cast
- AltersfreigabeFSK 12
Vorstellungen










Filmkritik
Was das schlimmste Ereignis in seinem Leben gewesen sei, fragt seine kleine Tochter Virginia. Der Sänger Andrea Bocelli muss nicht lange überlegen: Es war der Tag, an dem er in ein Internat ziehen musste, weil keine Schule blinde Kinder wie ihn aufnahm.
Natürlich war das nicht das einzige schmerzreiche Ereignis in jungen Jahren; Bocellis ganze Kindheit war durch ein angeborenes Glaukom und 13 Operationen an den Augen stark belastet. Seine traurige Geschichte wurde später einem Millionenpublikum bekannt. Aber so intim und differenziert wie in der Dokumentation „Andrea Bocelli - Because I believe“ hat der Musiker mit den weltweit am meisten verkauften Alben der Welt noch nie darüber gesprochen.
Flächen in Rot und Weiß
Die Filmemacherin Cosima Spender experimentiert für diesen tragischen Lebensabschnitt ambitioniert mit extremen Unschärfen und Überbelichtungen in 8-mm-Videos aus dem Familienarchiv. Ihre Filmbilder lassen ahnen, wie der kleine sehbehinderte Junge seine Umgebung vor der völligen Erblindung gesehen hat. Mitunter zeigen die Zelluloidbilder nur farbige Flächen in Rot oder Weiß.
Im Zentrum des Films aber steht Bocellis Liebe zur Oper, die sich schon offenbarte, als er noch ein Säugling war. Nach einer ersten Operation im Krankenhaus hatte ein anderer Patient immer wieder Opernarien mit Franco Corelli aufgelegt. Sobald die Musik ans Ohr des Babys drang, schrie es nicht mehr, erinnert sich seine Mutter.
Obwohl es ihm während seines Jurastudiums vergönnt war, bei dem legendären Corelli Gesangsstunden zu nehmen, begann seine Karriere zunächst als Rock- und Popsänger. Und das, obwohl Bocelli im Gymnasium noch ein Außenseiter war, weil er nur die klassische Musik gelten lassen wollte und behauptete, dass Popsänger keine Stimme hätten.
Sehr detailliert und mit einer imposanten Fülle an Archivbildern, Konzertschnipseln und Opernaufführungen, privaten Videos und zahlreichen Interviews mit Familienangehörigen, Freunden und Weggefährten schlägt der Film einen Bogen über das gesamte Leben des zwischen U- und E-Musik pendelnden Ausnahmekünstlers.
Chronologisch bis ins kleinste biografische Detail zeichnet das Porträt Bocellis Werdegang nach, streift den Gesangswettbewerb Margherita d’Oro, den er im Alter von 12 Jahren spektakulär mit dem Hit „O sole mio“ gewann, sein Gesangsstudium am Conservatorio Giacomo Puccini in La Spezia, die Begegnung mit dem Rocksänger Zucchero, der ihm seine Managerin Caterina Caselli zuführte. Und vor allem natürlich den Riesenerfolg mit seinem wohl bekanntesten Lied „Con te partirò“, das ihm einen bis heute unübertroffenen Millionenerfolg bescherte. Natürlich auch die für ihn sehr bedeutsamen Begegnungen mit Luciano Pavarotti, das Amphitheater Silenzio unter freiem Himmel, das er unweit seines Geburtsorts Lajatico in der Toskana erbauen ließ, und den jüngsten Auftritt in den römischen Caracalla-Thermen, mit dem er an ein legendäres Konzert der Drei Tenöre erinnerte.
Der Glaube versetzt Berge
Szenen aus einer Fernsehshow, in der ihm Pavarotti 1998 mit herzlichen Worten den Ritterschlag als Opernsänger erteilte, bescheren dem Film seinen schönsten, zärtlichsten Moment. Pavarotti wurde für Bocelli zu einer wichtigen Stütze, weil er an ihn glaubte und ermutigte, seinen Traum vom Opernsänger umzusetzen. Aber auch, weil ihm bei einem Konzert im Madison Square Garden in New York, in dem sie zusammen auftraten, bewusst wurde, dass Pavarotti im Gegensatz zu ihm über eine perfekte Technik verfügt. Von da an habe er daran gearbeitet, seine Technik zu verbessern, erinnert sich Bocelli. Damit verschwand auch sein starkes Lampenfieber, das ihn bis dahin gequält hatte.
Dazu passt Bocellis Lebensmotto, das dem Film nach einem Zitat von Goethe den Titel gibt: „Wenn du glaubst, kommt alles, was du für unmöglich gehalten hast, in Reichweite. Es gibt nichts Unmögliches in dieser Welt. Wir entscheiden in unseren Köpfen, ob etwas möglich ist oder nicht.“
Künstlerisch geht das allerdings nicht ganz auf. Denn die kurzen Ausschnitte aus bekannten Duetten und Arien von Puccini und Verdi beglaubigen keineswegs Bocellis musikalische Meisterschaft. Jedenfalls versteht man, warum der Tenor auf seinem Weg zwischen Klassik und Kommerz stark polarisiert, insbesondere wenn er hohe Spitzentöne wagt, die ohne Glanz und zu tief intoniert wirken.
Dem Menschen und Tierfreund Andrea Bocelli aber kommt der Film auf sympathische Weise nahe, auch in seiner Offenheit, Verletzbarkeit und Liebe zu seiner Familie, den Pferden und einem Hund, den er kurz vor Auftritten zärtlich streichelt. Der Blick auf den Sänger, an dem sich in der Welt der Oper die Geister scheiden, bleibt hingegen an der Oberfläche haften.