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Filmkritik
„Ich sehe eine Blutsbrüderschaft mit einem alten, weißen Mann“, sagt die Wahrsagerin zum Apachen-Häuptling Abahachi (Michael Herbig), während sie eine Handvoll Knochen in eine Schale wirft und begutachtet. Doch dieser möchte, zur Untermalung dieser Pointe setzt die Musik in „Das Kanu des Manitu“ für einen kurzen Moment aus, eigentlich nur wissen, wie das Wetter am nächsten Tag werden wird.
Nostalgisch verbrämt und postmodern-ironisch
Sattsam bekannt ist diese Form von Humor aus Michael Herbigs „Der Schuh des Manitu“, der je nach Zählungsakkuratesse bis heute als der erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten oder zumindest des 21. Jahrhunderts gilt: Eine Standardsituation des Westerngenres wird möglichst stilsicher reproduziert, um sie sodann parodistisch in sich zusammenfallen zu lassen. Als Fortführung von jahrelang in der Fernsehsendung „Bullyparade“ entwickelten Figuren schuf Herbig 2001 so gemeinsam mit seinen Drehbuch- und Schauspielpartnern Rick Kavanian (als griechisch-stämmigem Wortverdreher Dimitri) und Christian Tramitz (in der Rolle von Ranger, einem klassischen „Straight Man“) eine zugleich nostalgisch verbrämte und postmodern-ironisch neu zusammengesetzte Version des voluminös umfangreichen „Winnetou“-Stoffes von Karl May.
Für sein Genre-Pastiche, der sich visuell durchaus liebevoll an Vorbildern der (insbesondere europäischen) Western- und Abenteuerfilmgeschichte orientierte, erntete Herbig vereinzelt Anerkennung. Umfassender kritisiert wurde hingegen der humoristische Ton, der sich mitunter aus rassistischen Ressentiments und, in der Figur von Abahachis ebenfalls von Herbig gespieltem schwulen Zwillingsbruder Winnetouch, homophoben Klischees speiste.
Eine erste, erstaunlich selbstreflexive Fortsetzung fand der Film 2017 in Form der Miniatur „Winnetou in Love“, die Bestandteil von Herbigs Kinorückschau „Bullyparade - Der Film“ war: Abahachi, der mittlerweile mit Einverständnis des Karl-May-Verlags den Klarnamen Winnetou benutzen durfte, saß darin in einer Kindertheatervorführung und lachte als Einziger über die bekannteste Pointe aus „Der Schuh des Manitu“, während sein entnervtes Date mit den Augen rollte.
Ein Kanu verspricht ewiges Leben
Mit „Das Kanu des Manitu“ folgt nun das wesentlich schwächere Sequel im offiziellen Langformat: Abahachis Vater soll ein Kanu, das demjenigen ewiges Leben verspricht, der darin den Fluss entlangrudert, in einer entlegenen Höhle am Felsmassiv Laufende Nase versteckt haben. Vom Ölbaron Santa Maria (Sky du Mont) beauftragt, nimmt eine Gangsterbande unter der Führung von Boss (Jessica Schwarz) Abahachi und Ranger gefangen, um so den Weg zum magischen Paddelboot gewiesen zu bekommen.
„Sag bitte nicht Indianer“, lässt Herbig seinen Apachen-Häuptling immer wieder aufs Neue sagen, wenn ihn die weißen Siedler ansprechen, wohl wissend, dass das Hauptaugenmerk der Zuschauer:innen bei der Fortsetzung insbesondere darauf liegen würde, wie der Regisseur, Autor und Hauptdarsteller mit jenen Elementen seiner populären Western-Welt umgeht, die er selbst in Interviews immer wieder als unter Beschuss seitens einer „Comedy-Polizei“ sieht. Solche vereinzelten kulturkämpferischen Mikrokonfrontationen schwächt der Film jedoch schnell wieder ab und beschwichtigt: Viel eher als an einer nachgereichten Verteidigung seines Erfolges ist Herbig sichtlich daran gelegen, möglichst reibungsfrei seine bewährte Vorstellung von flott abgespulter Familienunterhaltung einfach so fortzuführen, als seien 24 Jahre später der Humor und die Genre-Interessen des Kinopublikums immer noch die gleichen.
Der Rahmen bleibt derselbe
Den eingeübten Gags und Pointen des Vorgängers weiß er dabei im Wesentlichen nichts hinzuzufügen (dass die Nennung von Abahachis Namen mit einem lautstarken „Gesundheit!“ beantwortet wird, zeigt im Vergleich gleichwohl eher die weitaus verminderte Qualitätskontrolle bei der Drehbucharbeit). Auch der Rahmen für die unzähligen filmischen Referenzen bleibt derselbe, weit in die Vergangenheit reichende: die Action-Parcours von Steven Spielbergs „Indiana Jones“-Reihe, die aus den Italowestern von Sergio Leone bekannten spanischen Landschaften um Almería, eine Schwimmsequenz, die an die Wasserchoreografien von Busby Berkeley gemahnt. Nur die analoge Emulation klassischer Westernästhetik von „Der Schuh des Manitu“ muss mittlerweile einem digitalen Look samt greller Ausleuchtung und farblicher Gleichförmigkeit weichen.
Wegen ihres Erfolgs werden die Komödien von Michael Herbig seit jeher als symptomatischer Ausdruck eines als typisch deutsch empfundenen Humors diskutiert. Damit bürdet man ihren mittlerweile eher selten nachgeahmten und aufgegriffenen Eigentümlichkeiten möglicherweise arg viel auf. Mehr als über die Grenzen des Humorverständnisses im aktuellen deutschen Mainstreamkino verrät „Das Kanu des Manitu“ gleichwohl über dessen allgegenwärtigen Hang zur Nostalgie. Gepflegt wird eine sehnsuchtsvolle Rückwärtsgewandtheit, die nicht so sehr die offene Konfrontation mit Veränderungen sucht, die als unliebsam empfunden werden, sondern die sich lieber im ewig infantilen Bedürfnis einrichtet, keine Störungen in die behagliche Erinnerung hereinzulassen.