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Filmkritik
Japan in der Taishō-Ära, im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Der kleine Tanjiro Kamado ist ein wohlerzogener Junge, der Holzkohle herstellt, um das ärmliche Leben seiner Familie zu lindern. Doch dann werden seine Eltern von Dämonen getötet und seine Schwester wird auf die dunkle Seite gezogen. Als er einen Dämonen-Jäger kennenlernt, beschließt Tanjiro, es ihm gleichzutun und seine Familie zu rächen.
Das ist ungefähr 63 Folgen aus vier Staffeln der auf einem Manga von Koyoharu Gotouge beruhenden Trickfilmreihe her, von der es zudem zwei Kompilationsfilme sowie das abendfüllende Anime „Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba - The Movie: Mugen Train“ (2022) ins Kino schafften. Inzwischen hat Tanjiro viele Freunde unter den Dämonen-Jägern und eine Menge nicht-menschlicher Feinde; auf der Rangliste der „Demon Slayer“ kämpft er sich stetig nach oben. Das führt dazu, dass er immer ranghöhere Dämonen tötet, allerdings unter Aufopferung etlicher Freunde und seines eigenen Seelenheils.
Verloren in Raum und Zeit
„Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba - The Movie: Infinity Castle“ schließt lose ans Ende der vierten Staffel mit dem Untertitel „Hashira Training Arc“ an. Tanjiro ist im „Infinity Castle“ angekommen, der Heimat der mächtigsten unter den bösen Dämonen, welche die Menschen geißeln. Das „Infinity Castle“ ist ein unaufhörlich in drei Dimensionen wachsendes, an Bilder von M.C. Escher gemahnendes Konglomerat aus Gängen, Bogenbrücken und Räumen, die kein Oben und Unten kennen und in dem es keine logischen Perspektiven gibt. Verloren im Raum und anscheinend auch in der Zeit treffen Tanjiro und seine Weggefährten in mehr oder minder tödlichen Kämpfen auf schier unbesiegbare Gegner.
Das Erfolgsrezept solcher Anime-Formate ist die sich immer weiter ausdehnende Reise, auf die das Publikum von den Helden mitgenommen wird. Mit der Versiertheit der Jäger steigen dabei auch die Kategorien der Dämonen, bis irgendwann der Ur-Dämon Muzan Kibutsuji seine kaum zu schlagenden Fähigkeiten ins Feld führen muss. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg.
Zu Beginn verirrt sich das zierliche Mädchen Shinobu Kocho in einem der labyrinthartigen Räume und trifft auf Doma, einen Dämon der zweithöchsten Kategorie, der am liebsten kleine Mädchen quält und verspeist. Shinobu gehört zur Kaste der „Insect Hashira“ innerhalb der Dämonen-Jäger, die einen Schmetterling im Haar tragen und sich durch besonders geschmeidige, aber effektive Kampftechniken auszeichnen. Später tritt Zenitsu Agatsuma, einer der besten Jägerfreunde von Tanjiro, gegen Kaigaku an, der als Dämon sechsten Grades anscheinend ein vermeintlich einfacher Gegner ist. Für das „Finale“, in dem dann drei zentrale Pro- und Antagonisten aufeinandertreffen, investieren die Drehbuchautoren fast die Hälfte der zweieinhalbstündigen Laufzeit. Tanjiro Kamado trifft dabei auf seinen intimsten Weggefährten, den „Wasser Hashira“ Giyu Tomioka, dessen Hilfe bitter nötig ist, um gegen Akaza bestehen zu können, einen in seiner berserkerhaften Wut zum Dämon der dritten Kategorie gewordenen Menschen, der nur seine Hände braucht, um seiner Rachelust ungezügelten Lauf zu lassen.
Sympathien für den Dämon
Wie andere Teile der Reihe folgt die Dramaturgie einer sich wiederholenden Choreografie; mitten in besonders spannenden Momenten der Kämpfe beleuchten Rückblenden die Genese und Beweggründe der Akteure. Da über die Jahre hin schon eine Reihe der Dämonen-Jäger ausführlich charakterisiert wurde, geht es nun darum, die Dämonen näher zu beleuchten. Das ist durchaus interessant, denn die in ihrem „Vorleben“ meist als Menschen auf der Welt lebenden tragischen Gestalten haben mehr oder minder gute Gründe, einen tiefen Groll zu hegen. Insbesondere Akazas Vorgeschichte wird dermaßen ausführlich und emotional ausgebreitet, dass man am Ende fast mehr Sympathien für den Dämon hegt als für die beiden sich verzweifelt abmühenden Jäger.
Das Erfolgsrezept der immerwährenden Heldenreise hat aber nicht nur Vorteile. Denn es verführt die Macher, jegliches Maß zu verlieren. Zumal „Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba – The Movie: Mugen Train“ zu den finanziell erfolgreichsten Filmen in Japan überhaupt zählt. Warum also ein Ende finden? So ist auch „Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba – The Movie: Infinity Castle“ nur der erste von drei geplanten „finalen“ Filmen. „Demon Slayer“ lebt in erster Linie von seiner visuellen Pracht. Tricktechnisch und mit Blick auf die Kampfchoreografien bietet der Film Kinogenuss der allerhöchsten Kategorie. Während das Charakterdesign oft arg an der Oberfläche bleibt, streben die Bilder geradezu danach, gerahmt und ausgestellt zu werden. Und auch wenn in „Infinity Castle“ viel gestorben wird, überleben natürlich die entscheidenden Charaktere, im Zweifel bis in alle Ewigkeit.