Kekse und Popcorn für ein großartiges Kinoerlebnis

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Filmplakat von Ein stummer Hund will ich nicht sein

Ein stummer Hund will ich nicht sein

105 min | Dokumentarfilm | FSK 12
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Szene %1 aus %Ein stummer Hund will ich nicht sein
Der Film folgt dem Schicksal des katholischen Priesters Korbinian Aigner, der wegen seines Widerstands gegen das NS-Regime nach einigen Leidensstationen in den Gefängnissen Freising und Stadelheim und im KZ Sachsenhausen 1941 ins KZ Dachau kam und dort im gefürchteten Arbeitskommando „Kräutergarten“ zur Zwangsarbeit herangezogen wurde.
  • RegieWalter Steffen
  • ProduktionsländerDeutschland
  • Produktionsjahr2025
  • Dauer105 Minuten
  • GenreDokumentarfilm
  • AltersfreigabeFSK 12

Vorstellungen

Kinocenter Trifthof Weilheim
Kinocenter Trifthof Weilheim
Trifthofstraße 58
82362 Weilheim
CineradoPlex Freising
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Münchner Str. 32a
85354 Freising, Oberbayern
Capitoltheater Bad Tölz
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Amortplatz 1
83646 Bad Tölz
Rio Filmpalast München
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Rosenheimer Straße 46
81669 München
Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck
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Maisacher Straße 7
82256 Fürstenfeldbruck
Kino Bad Driburg
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Am Rathausplatz 1
33014 Bad Driburg
Union Filmtheater Immenstadt
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Rothenfelsstraße 20
87509 Immenstadt
KinoP. Penzberg
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Fraunhoferstraße 8
82377 Penzberg
Hochland Kino Garmisch-Partenkirchen
Hochland Kino Garmisch-Partenkirchen
Ludwigstraße 90
82467 Garmisch-Partenkirchen
Kinocenter Weißenburg
Kinocenter Weißenburg
Nördliche Ringstraße 18
91781 Weißenburg

Filmkritik

Das hätte sich der katholische Priester Korbinian Aigner (1885-1966) gewiss nicht träumen lassen, dass ihm die documenta in Kassel einmal einen ganzen Saal widmen würde. Dort feierte man 2012 seine postkartengroßen Apfelbilder, die er aus praktisch-didaktischen Gründen angefertigt hatte, als avantgardistische Konzeptkunst. Im Laufe seines Lebens hat Aigner rund 3000 Aquarelle gemalt, von den rund ein Drittel noch erhalten ist. Sie zeigen detailliert Vorder- und Rückseite unterschiedlicher Apfelsorten. Der leutselige Pfarrer aus Oberbayern, der aus einer Bauernfamilie in der Nähe von Freising stammte, war von Kindesbeinen an gleichermaßen an religiösen Dingen wie am Obstbau interessiert. Noch während seines Theologiestudiums gründete er in seinem Heimatort Hohenpolding einen Obstbauverein und blieb dieser Leidenschaft zeitlebens so eng verbunden, dass seine Vorgesetzten öfters Anstoß nahmen, er sei „mehr Pomologe als Theologe“.

Im „Kräutergarten“ des KZ Dachau

Für Aigner war das kein Gegensatz, da er „in einem Apfel das ganze Wunder der Schöpfung“ vor Augen hatte. Im Unterschied zur kirchlichen Hierarchie war dem aufrechten Mann aber schon früh klar, was die Nationalsozialisten im Schilde führten. 1923 fuhr er sogar zwei Mal nach München, um Hitler sprechen zu hören; beim ersten Mal konnte er dessen Hasstriaden schlichtweg nicht ernst nehmen und glaubte, Hitler sei betrunken gewesen. Danach aber wusste er Bescheid und warnte von da an vor der NSDAP. Als er nach der „Machtergreifung“ den Anordnungen der neuen Machthaber nicht nachkam und weiter gegen die NS-Ideologie Stellung bezog, hagelte es Geldstrafen, und auch kirchlicherseits wurde er in die kleine Gemeinde Hohenbercha strafversetzt.

In die Mühlen der Justiz geriet Aigner nach dem gescheiterten Attentatsversuch von Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller. Als er im Religionsunterricht laut darüber nachdachte, ob das gescheiterte Attentat eine Sünde gewesen sei, da bei seinem Gelingen „vielleicht eine Million Menschen gerettet worden“ wären, schwärzte ihn die Schulleiterin an. Aigner wurde zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt und landet anschießend im KZ Dachau in „Schutzhaft“, wo er als Zwangsarbeiter im „Kräutergarten“ die menschenverschlingenden Torturen überlebte. Während des berüchtigten „Todesmarsches“, bei dem die KZ-Häftlinge zu Fuß durchs bayerische Oberland getrieben wurden, gelang ihm am 30. April 1945 bei Aufkirchen die Flucht.

Auf den Spuren eines Seelsorgers

An sein Schicksal erinnert das Doku-Drama von Walter Steffen, dessen Filmtitel einen wesentlichen Charakterzug Aigners auf den Punkt bringt: nicht wegzuschauen, sondern den Mund aufzumachen, wenn Unrecht geschieht. Dazu passt auch die von dem Schauspieler Karl-Heinz Knaup nahbar-urig verkörperte Figur des Priesters, der gerade auch in seiner Hinneigung zur Kunst des Obstbaus als wahrer Seelsorger sichtbar wird, dem es um das Wohl der Menschen geht. Aigners Ruf als „Apfelpfarrer“, der noch im KZ neue Apfelsorten gezüchtet habe, von denen der „Korbiniansapfel“ nach ihm benannt ist, verleitet den Film allerdings mitunter zu lieblich-naiven Animationssequenzen, die Lücken im dokumentarischen Material ausfüllen sollen. Auch andere ästhetische oder dramaturgische Entscheidungen, etwa der Einsatz von Drohnenaufnahmen oder die Fülle an Zeitzeugen und Gesprächspartnern, wirken bisweilen uneinheitlich und nicht zwingend.

Dennoch besitzt „Ein stummer Hund will ich nicht sein“ gerade in der Thematisierung des KZ Dachau eine hohe Qualität, weil er neben vielen weniger bekannten Details auch den exemplarischen Charakter des Lagers sichtbar macht. Sowohl historisch, da es das allererste KZ war, das bereits im April 1933 in Betrieb genommen wurde und als Blaupause für die mörderische „Arbeit macht frei“-Maschinerie diente. Als auch systemisch, weil die KZs nicht nur den körperlichen und geistigen Widerstand der Gefangenen brechen wollten, sondern mit Blick aufs Krematorium von vornherein auf Vernichtung ausgerichtet waren.

Der Apfel als Hoffnungssymbol

Dass in dem 150 Hektar großen „Kräutergarten“ nach biologisch-dynamischen Gesichtspunkten Gartenbau betrieben wurde, passt ins schizoide Gesamtbild der NS-Ideologie. Rund 1500 Gefangene schufteten dort, meist bis zum Tod, während sie die Pflanzen nach anthroposophischen Grundsätzen hegten und pflegten. Korbinian Aigner überlebte die mörderische Fron im „Kräutergarten“ durch seinen Status als Pfarrer; Gefangene aus dem „Pfarrerblock“ wurden ähnlich wie politische Häftlinge nicht für die harte Arbeit auf den Feldern, sondern beim Vertrieb oder in der Verwaltung eingesetzt. Hier gelangte Aigner auch an jene Apfelkerne, die er dann im KZ bei seiner Baracke einpflanzte und als Setzlinge hinausschmuggelte; insgesamt sollen es 120 solcher Apfelbäumchen gewesen sein, von denen vier in Aigners Garten in Hohenbercha überlebten. Auch der, dessen Früchte dann als „Korbiniansapfel“ heute noch angebaut werden.

Der Film zeichnet Aigners Lebenslauf eindringlich und plastisch nach; er widmet Georg Elser eine kurze Betrachtung, lässt aber auch Raum für den ukrainischen Zwangsarbeiter Nikolai Choprenko, der das KZ Dachau ebenfalls überlebte, sowie für Nachfahren der Roma-Familie Horvath oder die Teilnehmer eines Schüleraustausches zwischen dem Otto-von-Taube-Gymnasium in Gauting und der Givat Brenner Regional High School aus Tel Aviv. Über seine Erlebnisse in Dachau hat Aigner ähnlich wie andere Überlebende nicht gesprochen. Er kehrte in seine Gemeinde nach Hohenbercha zurück und widmete wieder seinen großen Leidenschaften: den Äpfeln und den Menschen. Bei seinem Tod aber bestand er darauf, dass die KZ-Kleidung mit in den Sarg gelegt wurde.

Erschienen auf filmdienst.deEin stummer Hund will ich nicht seinVon: Josef Lederle (16.4.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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