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Gaucho Gaucho

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In den kargen Landschaften der Region Salta im Nordwesten Argentiniens tauchen der Fotograf und Maler Michael Dweck und der Kameramann Gregory Kershaw in ihrem berückend schönen Film GAUCHO GAUCHO in das Leben einer Gaucho-Gemeinschaft ein: Viehhüterfamilien, die uralte Traditionen im Angesicht einer hochtechnisierten Gegenwart am Leben halten. In atemberaubenden schwarz-weiß Bildern beobachten die Regisseure subtil Menschen, die seit Jahrhunderten eine von großer Intuition und Einfühlsamkeit geprägte Verbindung zu ihrer Umwelt, ihren Tieren und ihrem Land haben. SYNOPSIS In einem Format, das die Regisseure als „Beautiscope“ – Schönheit kombiniert mit Cinemascope – bezeichnen, wird in GAUCHO GAUCHO eine fragile, untergehende Welt beobachtet: Die 17-jährige Guada ist fest entschlossen, in eine Männerdomäne einzudringen und Gaucha zu werden. Ermutigt von ihrem Vater trotzt sie Rollenklischees, geht unbeirrt ihren Weg und lässt sich weder von Pferdeabwürfen beim Rodeo noch lädierten Knochen abhalten. Der junge Vater Solano bringt seinem 5-jährigen Sohn voller Liebe und Ruhe die Ticks und Kniffe des traditionellen Handwerks bei. Und der graubärtige Lelo reflektiert über sein langes Leben. Das Zusammenleben der Gauchos mit den Pferden und Kühen beruht auf langjähriger Erfahrung und einem tiefgehenden Verständnis für die Tiere. Die Bedrohung der Lebensgrundlagen dieser Menschen, des archaisch betriebenen Ackerbaus und des Viehs durch zunehmende Trockenheit und Dürreperioden und immer größer werdende Geierschwärme, scheinen in den faszinierenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen eindringlich durch. Die handgefertigte Kleidung der Gauchos – Wollponchos, Bombacha-Hosen und Boina-Hüte –, sind als Zeichen für die Außenwelt zu lesen, dass sie für immer frei bleiben wollen, ungebunden von den Zwängen und Grenzen der modernen Welt.
Ein Fest für eine Gemeinschaft argentinischer Cowboys und Cowgirls, bekannt als Gauchos, die jenseits der Grenzen der modernen Welt leben. "Gaucho Gaucho" beginnt mit einer makellos gerahmten, üppig monochromen Aufnahme von etwas, das nur auf den ersten Blick als ein nicht identifiziertes liegendes Objekt beschrieben werden kann. Auf einer flachen, verfilzten Wiese, unter einem weiten Himmel, zentriert die Kamera einen großen, dunklen Klumpen, bei dem es sich um Felsen, Erde oder tierisches Material handeln könnte. Schließlich bewegt er sich und enthüllt die Falten seiner Zusammensetzung. Ein Mann erhebt sich aus seinem Schlummer, gekleidet in hohe Stiefel, einen breitkrempigen Hut und Schichten von strapazierfähigem Stoff; dann taucht der Kopf eines Pferdes aus der Masse auf, schüttelt und schnaubt und kehrt unbeholfen auf seine Füße zurück. Es ist eine treffende visuelle Darstellung der engen Verwandtschaft zwischen Mensch, Tier und Landschaft, die die argentinische Cowboy-Gemeinschaft ausmacht. In einer perfekt komponierten Einstellung nach der anderen gibt Michael Dwecks und Gregory Kershaws liebevoller, bildgewaltiger Dokumentarfilm ihnen reichlich Raum, sich zu verbinden und zu verschmelzen.
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In der Schule sitzt Guada mit Hose, weißem Hemd, Halstuch und schwarzer Kappe im Unterricht; die Schuluniform lehnt sie mit unerschütterlicher Überzeugung ab: „Ich bin eine Gaucha und das ist meine Tracht.“ In „Gaucho Gaucho“ ist es eine der wenigen Szenen, in denen der hermetische Mikrokosmos der Gauchos mit dem Außen in Kontakt kommt.

Die Dokumentaristen Michael Dweck und Gregory Kershaw zeigen – oder vielmehr: feiern – in ihrem Film eine Gaucho-Gemeinschaft in der Region Salta im Nordwesten von Argentinien. Während in der Schule die Materie trockene Theorie bleibt, verwandelt sie sich bei den Gauchos in gelebte Erfahrung. Oder sie findet Eingang in eine der zahlreichen abenteuerlichen Geschichten, denen man so gerne lauscht, wie man sie anderen weitererzählt.

Angesichts des drohenden Verlusts der Tradition der Gauchos wird Wissen und Handwerk unermüdlich an die nachfolgende Generation weitergegeben. Ein Vater zeigt seinem Sohn, wie man ein Messer schleift. Ein alter Mann mit langem weißem Bart lehrt ihn die Prinzipien der Gaucho-Identität. Schweigsam ist der Gaucho, sattelfest und geschickt darin, das Lasso zu schwingen. Protz ist ihm fremd. „Ein echter Gaucho ist zufrieden mit dem, was er hat, und gönnt sich, was er will.“ Im lokalen Radiosender moderiert Santino, der auch als Zeitungsverkäufer, Musiker, Sänger und Rodeo-Showmaster tätig ist, ein Programm mit dem Titel „Unsere Wurzeln“.

Mit atemberaubenden Landschaftstableaus

„Gaucho Gaucho“ versteht sich als Dokumentarfilm, sieht aber mehr aus wie ein konzeptueller Western. Die weiten, wüstenartigen Ebenen der Valles Calchaquiés werden in atemberaubende Landschaftstableaus eingefangen. Und wenn die Gauchos mit wehenden Ponchos wie vom Teufel gejagt durch die Pampa galoppieren, scheint der Geist eines John-Ford-Films zu walten. Sobald die Reiter von ihrem Pferd gestiegen sind, kommt die Kamera zu Ruhe. Statische, meist frontale Einstellungen, Symmetrien und dynamisierende Diagonalen durch leichte Untersichten: Alles in „Gaucho Gaucho“ drängt Richtung Ikonizität.

Die US-amerikanischen Regisseure haben für ihre Ästhetik einen eigenen Stilbegriff erfunden: „Beautiscope“, Schönheit kombiniert mit Cinemascope. Michael Dweck kommt vom unbewegten Bild; er fotografiert vorwiegend in Schwarz-weiß. Mit verklärendem Blick hat er unter anderem die Subkultur von Surfern und unter Wasser schwimmende Frauen („Mermaids“) festgehalten und die Kultur der Amateur-Stockcar-Fahrer filmisch dokumentiert. Zusammen mit dem Bildgestalter Gregory Kershaw, der auch in „Gaucho Gaucho“ hinter der Kamera stand, folgte er zudem betagten Männer beim Jagen von Alba-Trüffeln in die Wälder des Piemont.

Die Mischung aus Dokumentation und nostalgischer Überhöhung ist auch „Gaucho Gaucho“ eigen. Die Schwarz-weiß-Bilder betonen die Archaik der Lebensweise und verleihen den markanten, von Wind und Wetter gezeichneten Gesichtern der Gauchos zusätzlich Ausdruck. Geradezu zeichenhaft wirkt das traditionelle Gewand aus Hemd, Wollponcho, weiten Bombacha-Hosen und Boina-Hüten. Schon die Kleinen tragen ein Messer am Ledergürtel. Auch der Mate-Becher mit dem Trinkrohr fehlt auf keinem Tisch.

Eine Gaucha unter lauter Gauchos

„Gaucho Gaucho“ setzt sich aus unverbundenen Sequenzen zusammen; neben der singulären Figur bevorzugen die Regisseure Anordnungen zu zweit oder dritt. Gauchos reiten in Slow Motion zu George Bizets „Perlenfischern“ über die Steppe, zwei Jungen geben Rauchzeichen mit einem brennenden Kaktus, ein demütiges Gebet an „Mutter Erde“ und die Bitte um Regen, das Pflügen eines Ackers. Zudem gibt es sichtbar nachinszenierte Gesprächssituationen in wechselnden Figurenkonstellationen.

Die Männer sind allesamt charismatische Typen und wirken wie romantische Figuren aus der Folklore. Etwas realitätsnäher ist die siebzehnjährige Guada gezeichnet, die sich als einzige Gaucha in einer Männerdomäne behauptet. Der Film begleitet die furchtlose, in sich ruhende Frau beim Zähmen eines Pferds und auf ihrem steinigen Weg zur Rodeo-Reiterin. Auch ein Beinbruch und andere Blessuren können sie nicht aufhalten.

Die Beschwörung des Mythos

Gefahren lauern in Gestalt von Andenkondoren, die mit ihrer eindrucksvollen Flügelspannbreite über der Herde kreisen; die harten Dürren der Vergangenheit sind ebenfalls noch in lebendiger Erinnerung. Die größte Bedrohung aber liegt im Aussterben der eigenen Kultur. Viele Menschen ziehen weg; Familien werden zerstreut, heißt es in Gesprächen am Rande. Der Film aber zeigt keine Bruchlinien. Die Welt der Gauchos bleibt unbeschädigt. In der Logik von „Gaucho Gaucho“ bedeutet Konservieren allerdings mehr als Bewahren: es dient der Beschwörung des Mythos.

Veröffentlicht auf filmdienst.deGaucho GauchoVon: Esther Buss (10.9.2025)
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