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Filmplakat von Human - Die Menschheit

Human - Die Menschheit

149 min | Dokumentarfilm | FSK 0
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Was macht uns zu Menschen? Was lässt uns lieben, leiden, und was verbindet uns trotz unterschiedlicher Herkunft im tiefsten Inneren? Zu den bewegenden Fragen unserer Zeit spricht der Film HUMAN - Die Menschheit auf universelle Weise für sich selbst. Mit einem beeindruckenden Spektrum an bewegenden Geschichten und spektakulären Naturaufnahmen konfrontiert uns dieses besondere Projekt mit der Essenz unserer Menschlichkeit. Durch die Begegnung mit Menschen aus über 60 Ländern, die in ebenso vielen Sprachen vor der Kamera aus ihrem Leben erzählen, entsteht ein Kaleidoskop aus Lebensfreude, Glück und Sehnsucht, aber auch den Schattenseiten unserer Existenz. Von Freiheitskämpfern in der Ukraine über Bauern in Mali bis zu Todeszellen-Insassen in den USA, von frisch Verliebten über Menschen, die ihre Familie verloren haben, bis zu Kindern und ihrem unverstellten Blick auf die Welt liefert HUMAN - Die Menschheit eine packende und emotionale Momentaufnahme dessen, was es heißt, heute auf unserem Planeten zu leben - und unserer Verantwortung, die Zukunft als Gemeinschaft zu gestalten. (Quelle: Verleih)
Fotograf und Filmemacher Yann Arthus-Bertrand führte mit Hilfe seines Teams in mehr als 60 Ländern Gespräche mit über 2000 Menschen auf insgesamt 63 Sprachen, die von Freud und Leid des menschlichen Daseins erzählen und deren kraftvollen Worte die Natur wiederspiegeln, in der wir alle miteinander leben...

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Filmkritik

Die Menschen haben sich längst mit der Katastrophe arrangiert, der Untergang ist Alltag geworden. Die Sonne strahlt seit dem Klimakollaps hell und gnadenlos vom Himmel. Dunkle Folien an den Fenstern und spezielle Sonnenschirme schützen die Menschen, während sie auf die tägliche Wasserration warten. Von der Tonspur trällert die kanadische Band „Trooper“ fröhlich „We’re here for a good time / Not a long time“. Männer in Schutzanzügen tragen Leichen aus den Häusern.

Der dystopische Postapokalypse-Thriller „Humane“ von Caitlin Cronenberg gefällt sich in satirischer Pose. Schrecken wird in Spott gekleidet, das Unerträgliche soll ins Groteske überführt werden. Doch wie überzeugend ist eine fiktionale Gegenwelt, die allzu leicht von der Gegenwart absorbiert wird? Wie viel kritische Distanz braucht Satire, um sich nicht selbst zu treffen?

Mit Euthanasie gegen die Überbevölkerung

Die fiktive Regierung in „Humane“ sieht Überbevölkerung als das zentrale Problem der Erde an. Egal wie oft der britische Nationalökonom Thomas Malthus auch widerlegt wurde: seine Theorien verlieren scheinbar nie an Verführungskraft. So soll ein teilweise freiwilliges und sogar bezahltes, teilweise per Los wählendes Euthanasieprogramm die vermeintliche Überbevölkerung eindämmen.

Der berühmte Nachrichtensprecher Charles York (Peter Gallagher) hat sich und seine Frau Dawn (Uni Park) aus Prestigegründen für das Programm angemeldet und will diese Neuigkeit bei einem guten Essen seinen vier erwachsenen Kindern unterbreiten. Einer der Söhne, der Anthropologe Jared (Jay Baruchel), spricht sich für die Maßnahmen aus. Seine Schwester, die Pharmazeutik-Unternehmerin Rachel (Emily Hampshire), schlägt sich mit einem Gerichtsprozess herum. Ashley (Alanna Bale) ist eine wenig erfolgreiche Schauspielerin. Und Kind Nr. 4, der adoptierte Noah (Sebastian Chacon), ist ein trockener Alkoholiker mit düsterer Vergangenheit.

Doch dann flüchtet Dawn vor ihrem vertraglich fixierten Tod und hinterlässt ihren Angehörigen ein Dilemma. Der Regierungsbeamte Bob (Enrico Colantoni) muss seinen Auftraggebern zwei tote Körper aus der York-Familie präsentieren. Die vier Geschwister müssen eine schwere Entscheidung treffen. Zwischen Chopin-Nocturnes und Horsd’œuvre entbrennt ein gnadenloser Kampf. Welches dieser Leben ist wert, gerettet zu werden, welches soll zu Gunsten der Mehrheit geopfert werden?

Ein vages Unbehagen

Dem Film fällt die Antwort nicht sonderlich schwer. Wenn er eine Hauptfigur hat, dann am ehesten den schüchternen, zweifelnden Noah. Ein typischer Underdog, der die Liebe des Kinos zum wandlungsfähigen Subjekt bedient. Eine neue Beziehung hilft ihm auf den rechten Weg; zuletzt ist er doch Künstler und spielt hingebungsvoll Klavier. Egal wer stirbt: Noah muss leben. So verkommt die ohnehin nicht sonderlich komplexe Welt von „Humane“, die vor allem über Nachrichtensendungen im Fernsehen und im Radio ausgearbeitet wird, sehr schnell zur Kulisse für einen simplen Familienthriller. Das Zukunftsszenario setzt sich aus Gegenwartszitaten zusammen. Es wird auf Kinder in Käfigen verwiesen, auf Privatgefängnisse und das US-amerikanische Gesundheitssystem. Aber diese Schlagzeilen allein formen noch keine satirische Haltung, sondern nur ein vages Unbehagen.

Theoretisch ist es durchaus reizvoll, dass Jared mit der Realität des Programms konfrontiert wird, das er verteidigt. Interessant ist auch, wie die sozialen Beziehungen der Geschwister sich auf die Ereignisse auswirken. Extremsituationen zwingen Menschen zur Selbsterkenntnis und Selbstoffenbarung. Schade ist allerdings, wenn es so wenig zu offenbaren und erkennen gibt. „Humane“ wirkt, als wäre der Film gerne ein Roman von Kurt Vonnegut; allerdings reicht es gerade für eine Art „Purge“-Spin-off. Tonal werden Marschbefehle in alle Himmelsrichtungen zugleich erteilt, doch der Film selbst gerät diffus. Unentschlossen, oft schablonenhaft und vage. Gerade der Humor wirkt wie ein Fremdkörper angesichts seiner sterilen Oberflächen. Ohne Spezifizität verhungert Satire zum Ressentiment.

Die Regisseurin Caitlin Cronenberg ist bislang vor allem als Fotografin in Erscheinung getreten. Sie ist das nach Brandon Cronenberg zweite Kind von David Cronenberg, das den Regiestuhl besteigt. Zuvor hat sie Cover für die „Vogue“ oder das „Drake“-Album „Views“ entworfen. Die unterkühlte Macht-Erotik ihrer Bilder findet sich als Schwundstufe auch in „Humane“ wieder. Die Welt der Reichen bekommt eine Schmucklosigkeit verpasst; die Töne Braun und Grau herrschen vor. Alles wirkt kostspielig, aber ohne Wert für das Leben. Nichts spendet Trost. Der Blick findet nur die Menschen und ihre Gesichter, die daran scheitern, mit der Stimmung des Films in Beziehung zu treten. Gerade die von Paul Verhoeven inspirierten Propaganda-Parodien geben eine Richtung vor, der lediglich der sardonische Paragraphenreiter Bob nahekommt. Es gibt zwar wenig zu lachen, aber ernstgenommen wird das große Thema auch nicht.

Keine Anteilnahme am Leben

Nicht jeder Frage muss mit gestrenger Feierlichkeit begegnet werden, aber manchmal kann aus Zynismus auch Desinteresse resultieren. Der schottische Kritiker William Archer schrieb 1893 provokant, man sollte doch Maschinen aufstellen, an denen sich Menschen für einen Penny das Leben nehmen könnten. Er könne das langsame Dahinsiechen der Sterbenden nicht mehr ertragen. Der konservative Schriftsteller Gilbert K. Chesterton erwiderte in seiner Streitschrift „Orthodoxie“, dass Selbstmord die schlimmste Sünde sei: eine Verweigerung, sich für die Existenz zu interessieren.

Unabhängig davon, wie man zu dieser Frage steht, ist Anteilnahme am Leben eine Grundvoraussetzung für gelungene Kunst, welche Umwege sie auch nehmen mag. Doch Caitlin Cronenberg findet so schrecklich wenig an ihren Figuren und so wenig in unserer Welt, das zu überzeichnen oder zu beachten wäre. „Humane“ interessiert sich fürs Sterben, aber kaum fürs Leben. Der Film hat sich mit der Katastrophe unserer Zeit genau so arrangiert wie die Figuren, die er als Spottobjekte ausstellt.

Erschienen auf filmdienst.deHuman - Die MenschheitVon: Lucas Barwenczik (15.4.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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