








- Veröffentlichung04.09.2025
- RegieCordula Kablitz-Post
- ProduktionDeutschland (2025)
- Dauer110 Minuten
- GenreDokumentarfilmMusik
- AltersfreigabeFSK 12
- IMDb Rating7.3/10 (25) Stimmen
Vorstellungen










Filmkritik
Eine kurze Gesprächssituation, lässig in die Ledercouch gefläzt. Und schon dröhnt im bündigen Vorspann tosender Thrash Metal von der Tonspur. Umstandslos wird man mitten auf die Bühne einer gut gefüllten Halle katapultiert. „We are Kreator!“, brüllt der Frontmann Mille Petrozza den euphorisierten Fans entgegen. Die vor rund vier Jahrzehnten in Essen gegründete Metal-Truppe „Kreator“ ist Kult – das spürt man sofort.
Ein Jahr lang hat die Regisseurin Cordula Kablitz-Post die ihre Nische prägende Metal-Band auf Welttournee begleitet. Im Tourbus sind Bewegtbilder entstanden, die ganz nah an den Protagonisten sind und auf einer weiteren Ebene mit privaten, viel älteren Videoaufnahmen, Kinder- und Schulfotos und anderem Archivmaterial korrespondieren. Dazwischen kommen die Bandmitglieder, Weggefährten und mitunter auch Fans mehr oder minder ausführlich zu Wort; meistens auf Deutsch, gelegentlich auch auf Englisch. In regelmäßigen Abständen sind auch Musikstücke von Kreator zu hören, die mitunter recht lang dauern und für im Thrash-Metal-Genre ungeübte Ohren bisweilen sehr ähnlich und vor allem äußerst laut klingen.
Es geht um die Kunst und ihre Vermittlung
Das Band- und Musikporträt erschöpft sich allerdings nicht in einem Konzert- und Interviewfilm, sondern zielt auf einen Mehrwert, der über das Interesse an der spezifischen Metal-Formation hinausgeht. Wie ähnliche Musikdokumentationen handelt auch „Kreator – Hate & Hope“ vom künstlerischen Prozess und der Bühnenpersona an sich. Der naheliegende Titel „Kreator“ offenbart einen Hintersinn, weil es auch ums Kreieren von Kunst und der passenden Story dazu geht. So erzählt der Schlagzeuger Jürgen Reil von seiner „Glückshose“ aus Leder, die er bei jedem Konzert trage und mit deren Hilfe er die Transformation vom normalen Leben auf die Bühne bewerkstellige.
Die Musiker gewähren freimütig Einblick in ihre noch nicht erfolgsverwöhnten Anfangsjahre als Essener Schülerband mit dem jugendlichen, aus Langeweile entstandenen Ansinnen: „Komm, lass uns sein wie KISS.“ Auf den durchschlagenden Erfolg mit Anfang 20 folgte dann eine umtriebige Zeit, in der die Autodidakten sechs Alben veröffentlichten. Der Weg an die Metaller-Spitze führte erst in deutsche und bald auch in internationale Spielstätten, die immer mehr Publikum anzogen. Ein Teil des Erfolgs mag in den klar vorgetragenen linkspolitischen Ansichten der Band liegen, die in der sonst weitgehend unpolitisch aufgestellten Szene deutlich auffallen.
Beim Zuhören formt sich schnell der Gedanke, dass Mille Petrozza und seine Mitstreiter sympathische, bodenständige und wunderbar selbstironische Typen sind, denen man gerne zuhört. Es ist der bekannte Scheinwiderspruch der Metal-Szene: Auf den ersten Blick hat man es mit langhaarigen, tätowierten „Bombenlegern“ zu tun, die sich auf der Bühne bis zur Heiserkeit die Seele aus dem Leib schreien. Doch auf den zweiten Blick sind es meist sehr empathische Menschen, von deren Sanftheit sich mancher ein Stück abschneiden könnte. Es zählt wohl zum Spaß der Metaller und ihrer Hörerschaft, als netter Omaschreck durchs Leben zu gehen.
Wenn du schlau bist
Besonders interessant sind die retrospektiven Erzählungen vom Beginn des Erfolgs und von den einfachen Verhältnissen, aus denen die Musiker stammen. Der erste und bis heute aktuelle Proberaum fand sich in einer ehemaligen Zeche. „Wenn du schlau bist, gehst du nicht unter Tage,“ riet einer der Väter seinem jungen Sohn, was eine Ahnung von der Maloche im Ruhrpott vermittelt. Auch die Liebe zur Musik stammte aus einem der Elternhäuser, in dem italienische Schnulzen aus den Boxen ertönten. Das war zwar alles andere als Heavy Metal, festigte jedoch eine erste Idee davon, dass Musik etwas Besonderes und Wertvolles ist.
Die Hommage an die legendäre Band ist simpel, aber zielführend gefilmt und wartet mit einigen launig-prägnanten Montagen auf. Dass der Film an manchen Stellen einen dezent werbenden Charakter annimmt, lässt sich verschmerzen. Ein größerer Malus ist die Laufzeit von einer Stunde und fünfzig Minuten. Denn wie andere Dokumentationen vermag auch „Kreator – Hate & Hope“ die Aufmerksamkeit nicht bis zum Abspann durchweg aufrechtzuerhalten, auch weil die filmische Form und die Musik zu wenig Variationen bieten. Als Eisbrecher für Fachfremde und als Highlight für die Anhängerschaft der Band taugt der Film aber allemal. Letztendlich liegt es am eigenen Musikgeschmack, ob man das Porträt bis zum Ende genießt – oder ob es nach der Verzauberung des Anfangs dann doch eher ausgesessen wird.