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Filmplakat von Michel Petrucciani - Leben gegen die Zeit

Michel Petrucciani - Leben gegen die Zeit

99 min | Dokumentarfilm, Musik | FSK 0
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Er hatte nicht viel Zeit, weniger als andere, doch genau deshalb lebte er mit größerer Intensität, als es die meisten von uns tun. Geboren mit der Glasknochenkrankheit und nicht einmal einen Meter groß, wusste Michel Petrucciani, dass ihm vielleicht kein langes Leben vergönnt sein würde, dafür jedoch eines voller Musik. Denn der herausragende Jazz-Künstler, der die Konzertsäle der Welt füllte und mit seinen Idolen zusammenspielen durfte, hatte die einzigartige Gabe, die Menschen am Flügel zu verzaubern. (j.b.)
Alle, die das Glück hatten, ihm zu begegnen, schwärmen heute noch von seinem unersättlichen Hunger nach Leben. Er war ein Mensch voller Überraschungen, nicht nur aufgrund seiner körperlichen Erscheinung, sondern vor allem durch sein herausragendes musikalisches Talent. Er besaß die Fähigkeit, mit leichter Hand am Flügel durch die Jazzgeschichte zu springen und sein Publikum zu begeistern. Er schaffte es, mehr Schallplatten zu verkaufen als viele seiner Idole, und spielte in den großen Konzertsälen der Welt. Geboren mit der Glasknochenkrankheit, nicht einmal ein Meter groß, wurde er ein international bekannter Jazz-Künstler. Sein erstes offizielles Konzert gab er mit 13 Jahren, danach spielte er mit vielen der weltbesten Jazzmusiker. MICHEL PETRUCCIANI - LEBEN GEGEN DIE ZEIT erzählt anhand von Interviews mit den Menschen, die ihn durch sein Leben begleitet haben, wie seine Familie, Charles Lloyd, Aldo Romano und Roger Willemsen, die ungewöhnliche Geschichte eines Mannes, der von einem unstillbaren Hunger nach Leben getrieben war und alles ausprobierte was es zu bieten hat: Frauen, Reisen, Drogen und seine Kunst.

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Filmkritik

Michel Petrucciani, dieser große, dabei mit etwas mehr als einem Meter Körpergröße geradezu zwergenhaft kleine Jazz-Pianist, schlug die Menschen um ihn herum in Bann. Der mit Glasknochen zur Welt gekommene Ausnahmemusiker, der stets mit körperlichen Schmerzen leben musste, faszinierte und betörte Männer wie Frauen, sodass sie in Michael Radfords dokumentarischem Porträtfilm zwar oft vom ersten visuellen Schock sprechen, der sich angesichts Petruccianis deutlichem „Andersseins“ einstellte, der dann aber schnell der Wahrnehmung von etwas ganz Besonderem wich: Petrucciani war für alle Befragten „unglaublich“, faszinierend, liebenswert, vital und lebensdurstig; stets suchten sie seine Nähe, auch seine körperliche: Es sei wundervoll gewesen, ihn zu tragen, auch auf der Konzertbühne. Er selbst spricht einmal von sich als einem Schwamm, der alles um sich aufsauge, unmittelbar und ohne Zeitvergeudung; alles wolle er ausprobieren, mitnehmen und „abbrennen“. Viel Zeit blieb dem Ende 1962 im französischen Orange geborenen Petrucciani dafür nicht (er starb 36-jährig in New York an einer Lungenentzündung), gleichwohl war sein kurzes Leben mit einem enormen Output an kreativer Musik gefüllt, mit der er sich seine Welt eroberte, scheinbar resistent gegenüber allen Kraftanstrengungen, Überforderungen, Mühen und Schmerzen, umjubelt auf zahllosen Konzerten, nachzuhören auf einem opulenten discografischen Werk, das er hinterlassen hat. „Ich bin anders, und ich fühle mich gut dabei“, sagt Petrucciani einmal im Film, und am Ende möchte man es ihm nur zu gerne glauben. Der Spielfilmregisseur Michael Radford („1984“, fd 24 838; „Der Postmann“, fd 31 668) hat sich für sein Petrucciani-Porträt um filmisches Material bemüht, „das eher natürlich war als informativ“. Gleichwohl folgt die filmische Struktur recht streng einem chronologischen Aufbau, beginnend mit Petruccianis Geburt am 28.12.1962 sowie seiner Kindheit zwischen tragischem körperlichen Defizit und dem frühen Entdecken seines musikalischen Talents, das der Vater ebenso streng wie beharrlich fördert. Staunend vernimmt man, wie der Vierjährige durch einen Duke-Ellington-Fernsehauftritt inspiriert wurde, lauscht einer Tonaufzeichnung des Siebenjährigen und hört von einem ersten Bühnenauftritt des 13-Jährigen mit der Jazz-Legende Clark Terry. Besonders spannend sind die Szenen mit Saxofonist Charles Lloyd in dessen Refugium im kalifornischen Big Sur, wo Lloyd nach Jahren der inneren Emigration dank Petrucciani wieder zur Musik zurückfindet, während Petrucciani dank seines Mentors endgültig die Jazz-Weihen erhält; später bricht Petrucciani nach New York auf, wo sich die Mitspieler bereits um ihn reißen; er steigt zum Star auf, der als erster Europäer überhaupt einen Blue-Note-Schallplattenvertrag erhält und sich zunehmend als Solist profiliert. Während sich Jazz-Größen wie Lloyd, Joe Lovano und Lee Konitz überwiegend emphatisch an Petrucciani erinnern, lassen dessen ehemalige Ehefrauen mit bemerkenswerter Offenheit die jeweilige Zeit ihrer Beziehung mit ihm Revue passieren; vielleicht versteht Radford unter deren Erzählungen das „natürliche“ Material, das er gesucht habe, um sich Petrucciani filmisch anzunähern; vielleicht liegt diese „Natürlichkeit“ aber auch eher grundsätzlich in seiner Empathie für den Porträtierten, vor allem, wenn er sich deutlich um narrative filmischer Momente bemüht, um ebenso flüssig wie unterhaltsam Petruccianis bewegende Lebensgeschichte zu vermitteln. Was gelegentlich dann doch etwas pathetisch wird, etwa im ständig wiederkehrenden Bild einer Wanduhr, deren Zeiger unbarmherzig vorwärts drängt und die verstreichende (Lebens-)Zeit symbolisiert. Nur an wenigen Stellen klingt dabei eine andere (Kehr-)Seite Petruccianis an, etwa wenn einmal von seiner Arroganz gesprochen wird, sodass man erahnen kann, wie strapaziös und anstrengend ein Zusammensein mit ihm ebenfalls sein konnte. Dies lässt der Film eher der Fairness halber anklingen, während er sich prinzipiell doch als hymnische Würdigung versteht; was durchaus legitim ist und großen Respekt verdient, auch wenn man sich gelegentlich doch die eine oder andere (Frauen-)Geschichte weniger, zumindest kürzer wünscht und auf manches redundante Statement verzichten würde, damit (noch) ausführlicher das erklingen könnte, was Petrucciani neben der Bewältigung seiner körperlichen Defizite vor allem auszeichnet: seine außergewöhnliche, ebenso kraftvolle wie virtuose (Jazz-)Musik.

Erschienen auf filmdienst.deMichel Petrucciani - Leben gegen die ZeitVon: Horst Peter Koll (17.1.2025)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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