Filmplakat von Mission

Mission

125 min | Drama, Abenteuer, Historie | FSK 12
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Südamerika, im 18. Jahrhundert: Der Jesuitenpater Gabriel bricht in den Urwald auf, um die dort lebenden Indios zum Christentum zu bekehren. Zusammen mit dem ehemaligen Söldner Rodrigo errichtet er weitab von den Siedlungen der spanischen und portugiesischen Kolonisatoren eine Missionsstation. Tatsächlich gelingt es den Männern, die dort lebenden Guaraní an den christlichen Glauben heranzuführen. Doch dann soll die Mission aus kirchenpolitischen Gründen aufgegeben werden.

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Filmkritik

Nicht zum ersten Mal befaßt sich der englische Autor Robert Bolt mit einem Thema aus dem Umfeld der katholischen Kirche. Er schrieb 1966 das Drehbuch zu dem Thomas-Morus Film "Ein Mann zu jeder Jahreszeit", und sein Bühnenstück "Der Kardinal" wurde einst in deutschen Theatern viel gespielt. Auch in "The Mission" gibt es die zentrale Figur eines Kardinals. Er ist zwar nicht die Hauptperson, dennoch aber die komplexeste und gleichzeitig differenzierteste des Films. Er diktiert einen Bericht an Seine Heiligkeit, dessen Anfang ihm schon Schwierigkeiten bereitet und an dessen Ende der Selbstzweifel kaum mehr überhörbar ist. Der Bericht befaßt sich mit seiner Aufgabe, im Grenzgebiet von Argentinien, Brasilien und Paraguay bei einem politischen Streit zwischen Spaniern und Portugiesen die Interessen der Kirche zu vertreten. Es ist das Jahr 1750, in dem seine Mission beginnt. Damals lebten rund 10 Millionen Indianer im Amazonasgebiet. Heute sind es noch 500.000. Krankheiten, Sklavenhandel und blanker Mord haben die Ureinwohner dezimiert. Der Fall, den der Film erzählt, ist nur eines von vielen Beispielen.

Die Jesuiten hatten im frühen 18. Jahrhundert begonnen, die Gegend zu missionieren. Dabei sind sie im Lauf der Jahre immer tiefer in den Dschungel vorgestoßen, haben unter Lebensgefahr immer neue, immer unzivilisiertere Stämme aufgesucht. Natürlich stießen sie dabei auch häufig mit Sklavenhändlern zusammen. Einer dieser Sklavenfänger wird zur beherrschenden Figur des Films, als er durch ein tragisches persönliches Erlebnis und unter dem Einfluß eines Jesuitenpaters sein Leben von Grund auf ändert und schließlich sogar dem Orden beitritt. Doch auch als Ordensbruder bleibt er einer der unbequemen, aufsässigen, nunmehr die Interessen der einst von ihm verfolgten Eingeborenen bis zur Selbstverleugnung wahrnehmenden Helfer. Der Kardinal, beständig im Zwiespalt zwischen Anteilnahme und politischer Taktik, findet in ihm denn auch den lästigsten Gegner unter den sonst so gehorsamen Jesuiten. Bruder Gabriel, der erfolgreich eine Mission im dichtesten Urwald errichtet hat, glaubt den Kardinal von der Wichtigkeit und den Erfolgen der Tätigkeit der Jesuiten am ehesten überzeugen zu können, indem er ihn dorthin führt, wo noch vor wenigen Jahren nichts als der nackte Dschungel war. Der Kardinal zeigt sich gerührt und beeindruckt; doch seine Entscheidung steht längst fest. Um die Existenz des Jesuitenordens in den Machtkämpfen des heimischen Europas nicht zu gefährden, hat er sich entschlossen, die Missionsstation zu opfern. Es ist ein politischer Kampf zwischen zwei europäischen Kolonialmächten, ein Kampf nicht zuletzt um den billigen Sklavenmarkt, und es ist die zwiespältige Haltung der Kirche in dieser Auseinandersetzung, denen der Stamm und mit ihm die für dessen Zukunft streitenden Jesuitenpatres erliegen.

Die mit großem Geschick und gleichzeitig starker emotionaler Kraft aufgebaute Story entwirft, immer deutlicher werdend, ein Bild der kirchenpolitischen Konflikte in der Kolonialepoche. Sie nimmt ihre Zuflucht zu dem stets publikumswirksamen antipodischen Auftreten zweier ganz gegensätzlicher Charaktere (der demütige Bruder Gabriel und der innerlich nicht zu zähmende Sklavenhändler Mendoza), um gleichsam im Brennpunkt ihrer Aktionen den inneren Konflikt des von Rom entsandten Kardinals anzusiedeln. Als der Film dieses Jahr in Cannes gezeigt und mit der "Goldenen Palme" ausgezeichnet wurde, reagierte die internationale Kritik überwiegend negativ. Sie bemängelte die ungenügende Einlassung auf das ethnische und soziale Umfeld der Eingeborenen und - vornehmlich in amerikanischen Veröffentlichungen - den langen Atem des Films, der Stars wie Robert de Niro (Mendoza) keinen Raum für den erwarteten Aktionsreichtum bietet. Beide Einschätzungen gehen von einer Erwartungshaltung aus, die der Film weder befriedigen kann noch will. Sie übersehen aber auch das eigentliche Thema, dem der Film mit unbeirrter Konsequenz folgt: der Konflikt zwischen offizieller und ausübender Kirche im Grenzbereich politischer Machtkämpfe - ein Sujet, dessen Aktualität kaum von der Hand zu weisen ist.

Das Team dieses Films (Produzent, Regisseur, Kameramann und Cutter) hat sein Engagement gegen Unterdrückung und politische Pression schon einmal unter Beweis gestellt. Sein Film "The Killing Fields" zählt zu den bemerkenswertesten Kino-Ereignissen der 80er Jahre. Das handwerkliche Können dieses Teams hat sich seitdem noch verfeinert. Roland Joffe verzichtet in "The Mission" auf spektakuläre Zuspitzungen, wie sie in "The Killing Fields" noch gelegentlich der dramaturgisch konsequenten Entwicklung im Wege standen. Er baut statt dessen die Geschichte mit einem weit ausholenden epischen Duktus auf, dabei Überzeugungskraft und Anteilnahme weniger aus äußerer als aus innerer Dramatik beziehend. Es sind Landschaften und Personen, die in ihren Gegensätzen und Entsprechungen, in ihrem Kampf und ihrem Einssein die Basis für den eigentlichen Konflikt aufbauen. Wie überlegen und technisch gekonnt Joffe dabei vorgeht, wird sich allerdings vollends nur jenen Zuschauern erschließen, die das Glück haben, den Film in einem technisch ebenso perfekt ausgerüsteten Theater zu sehen. Die immense Kraft der Bilder, das brutale Pathos der leitmotivisch wiederkehrenden Wasserfälle von Iguazu, aber auch die symbolisch von Unordnung in Ordnung überleitenden Eingeborenenszenen erschließen sich erst in ihrem vollen Sinnzusammenhang im Kontext mit der penibel durchdachten Akustik. Kaum ein Film in der Filmgeschichte arbeitet so differenziert mit Geräuschen, Stimmen, Eingeborenenmusik, Chören und akustischen Signalen wie dieser. Es scheint, als habe Joffe alle Tontricks der Lucas- und Spielberg-Filme studiert, um sie zum erstenmal wirklich sinnvoll einzusetzen. Vergleiche mit Boormans "Der Smaragdwald" liegen nahe; doch alles was dort noch "Effekt" war, ordnet sich hier nahtlos dem dramaturgischen Konzept unter. Obwohl "The Mission " ein Film ist, der das gesamte Kompendium moderner Film- und Kinotechnik ausschöpft, trumpft er nirgendwo mit seinen Mitteln auf und erreicht vielleicht gerade dadurch seine starke Wirkung auf den Zuschauer. Selbst die apokalyptische Vernichtung der Missionsstation artet nicht in ein äußerliches Kino-Blutbad aus, sondern verharrt am deutlichsten im Gedächtnis mit den langen Einstellungen auf den sterbenden Mendoza und dem Sinnbild lodernder Flammen und dumpfer Paukenschläge der endgültigen Resignation. Einen Film wie diesen inmitten von "Top Guns" und "City Cobras" zu entdecken, bedeutet mehr als nur die Begegnung mit einem Meisterwerk, es bedeutet vielleicht auch Hoffnung für die filmische Zukunft: Roland Joffe gilt bereits nach seinem zweiten Spielfilm als Geheimtip der Filmindustrie, und sein Produzent, der Engländer David Puttnam, ist inzwischen Chef der amerikanischen Columbia Pictures geworden.

Erschienen auf filmdienst.deMissionVon: Franz Everschor (2.7.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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