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Filmkritik
Wie effektiv sich Neurosen als Aufhänger für witzige Verwicklungen und humorvolle Dialoge nutzen lassen, hat Woody Allen in seinen Filmen vielfach unter Beweis gestellt. Wenn die Hauptfiguren auch noch auf Reisen gehen, bei denen unvorhergesehene Zwischenfälle für Komplikationen sorgen, sollte es eigentlich reichlich Anlass zu Komik geben.
Auf diese Rezeptur setzt der isländische Regisseur Hafsteinn Gunnar Sigurðsson in „Fearless Flyers“. Die Londoner Stadtarchitektin Sarah (Lydia Leonard) leidet an Flugangst, was sie vor ihrem neuen Lebensgefährten Tom (Emun Elliott) aber verbirgt. Nachdem die Mittvierzigerin aus unerfindlichen Gründen aber einer Urlaubsreise auf die Kapverden zugestimmt hat, sieht sie sich gezwungen, an einem Kurs teilzunehmen, um ihre Panikreaktion beim Fliegen in den Griff zu bekommen. Nach der Theorie ist eine praktische Anwendung mit einem dreistündigen Flug nach Island und zurück vorgesehen.
Ein turbulentes Unterfangen
Das therapeutische Projekt steht aber unter keinem guten Stern. Am Flughafen springen einige Teilnehmer kurzerhand noch ab und statt der erfahrenen Lehrgangsleiterin übernimmt ihr übereifriger Assistent Charles (Simon Manyonda) die „Fearless Flyers“-Gruppe.
An Bord zeigt sich bereits bei den ersten Turbulenzen, wie nervös der übellaunige Krimiautor Edward (Timothy Spall) und der hypernervöse Programmierer Alfons (Sverrir Gudnason) sind, der von seiner hübschen Freundin Coco (Ella Rumpf) begleitet wird. Zudem erweist sich Charles als übertrieben optimistischer Anfänger, den bereits kleinste Zwischenfälle überfordern. Kaum ist die Gruppe im verschneiten Reykjavik gelandet, stellt sich heraus, dass der Flieger wegen eines Defekts vorerst nicht zurückfliegen kann. Die Passagiere bekommt einen Gutschein für ein Luxushotel in der Einöde, wo sich die Ereignisse dank einiger irrationaler Verhaltensweisen dann überschlagen.
Für sein jüngstes Werk ließ sich Sigurðsson von Erfahrungen im eigenen Familienkreis inspirieren. Sein Bruder litt an extremer Flugangst und besuchte einen Kurs, um sie überwinden. Die Ausgangssituation der schwarzen Komödie ist durchaus vielversprechend. Sigurðsson knüpft an seine Tragikomödie „Under the Tree“ (2017) an, erreicht aber nicht deren satirischen Biss. Das liegt vor allem daran, dass der Film zu wenig aus dem komödiantischen Potenzial zu machen versteht. Die Figuren bleiben allzu statisch und lassen kaum eine Entwicklung erkennen.
Am deutlichsten zeigt sich das an der Figur der hedonistischen Influencerin Coco, die nur daran interessiert ist, ihre Instagram-Follower mit belanglosen Videos und gefälligen Posen bei Laune zu halten. Nicht verständlich ist auch, warum Sarahs Motive im Dunklen bleiben, die sie dazu treiben, ihrem Partner die Angst vor dem Fliegen zu verheimlichen. Das Drehbuch billigt nur dem von Timothy Spall wunderbar miesepetrig gespielten Edward eine plausible Geschichte zu. Der musste als Mitglied einer britischen Spezialeinheit mitansehen, wie alle Kameraden an Bord seines Hubschraubers bei einem Unfall ums Leben kamen; ein Trauma, das er nicht überwunden hat.
Verbissen die Fassung wahren
Die gruppendynamischen Prozesse innerhalb der kleinen Gruppe, die sich oft in geschlossenen Räumen aufhalten muss, werden mit Ausnahme des grotesken Finales, in dem sich die Protagonisten wechselseitig zu immer neuen Absurditäten antreiben, kaum ausgeschöpft. Stattdessen treibt die Inszenierung die Figuren auf allzu durchsichtige Weise immer wieder in Situationen, in denen sie die Fassung verlieren, die sie doch so verbissen zu wahren versuchen.
Die Percussion-lastige Musik des Komponisten Daniel Bjarnason unterstreicht die nervös-gereizte Stimmung zuweilen etwas zu plakativ, überrascht aber auch mit Klassik von Vivaldi, Haydn und Mozart. Die Kamera von Niels Thastum folgt dem hektischen Geschehen meist in flüssigen Bewegungen, nimmt sich beim Anblick der majestätisch-menschenleeren Winterlandschaften aber erfreulich viel Zeit, um schöne Kontrapunkte zum Chaos des Figurenensembles zu setzen