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Filmkritik
"Papillon gelang es durchzukommen, während das unmenschliche Gefangenensystem in Französisch-Guyana unterging", heißt es am Schluß des Films, und zu dem über das Meer auf einem Sack mit Kokosnüssen treibenden Papillon kommt kontrastierend das verfallene Lagersystem der Gefängnisinseln ins Bild. Kommentar und Bildaussage geben den ganzen Inhalt dieses Films wieder, der nicht etwa dieses zerrüttete und korrupte Straflagersystem analysiert und kritisch angeht, sondern zielstrebig und ohne jede Andeutung eines Zweifels zeigt, wie dennoch und trotz aller überwältigenden Widerstände die kraftvolle Einzelpersönlichkeit sich gegen die Natur (Ozean, Dschungelwüsten, "Wilde") wie gegen die von Menschen geschaffenen unmenschlichen Institutionen (Einzelhaft, Dunkelhaft, Hungerrationen, die "aus einem gefährlichen Menschen einen harmlosen machen" sollen) durchsetzen kann, sofern sie es nur will. Der altbekannte liberal-individualistische Credo-Spruch: Du sollst, also kannst Du. Einzig Papillon ist es ja, der dieses Unternehmen "Flucht" nie aus dem Auge verliert, der immer - wie ein guter Unternehmer - alle Umstände buchstäblich im Auge hat. Kaum wird er aus der fünfjährigen Einzelhaft herausgeführt, da suchen seine Augen schon die Mauersimse der Gefängnisumfriedung ab. Er ist eben ein "Mann wie ein Orkan" (typisch diese auf den Reklameplakaten verwendete naturwüchsige Metapher), es gibt letztlich gegen diesen individualistischen Einzelwillen keine Widerstände. Auch in künftigen Folter- und Repressionssituationen braucht der starke einzelne nicht zu verzagen, er wird die Strukturen schon überwinden. Diese faule ideologische Botschaft lugt dem Film aus allen Schnittnähten. Der Zuschauer empfindet daher auch trotz der aufwendig gefilmten Brutalitäten und erschreckenden Grausamkeiten weniger Erschütterung als unterhaltenden Kitzel. Das ständige Ausflippen der Kamera ins Monumentale und damit zugleich ins Heroische verwischt und verwandelt jede Andeutung menschlichen Leidens ins Spektakuläre und ins Spektakel; nur noch Randerscheinungen sind die Folterszenen, die maßlos gequälten und geschundenen Körper, die vor Erschöpfung und Malaria ständig am Tode vorbeiirren, weil alle diese Details immer wieder aufgesogen werden von der großen, malerischen Szene. Einzig an einer Stelle ahnt man, was ein Regisseur mit Sensibilität für menschliches Leiden aus einem solchen Stoff hätte machen können. Da bekommt durch das authentische Detail, die Konzentration auf ein vor Erschöpfung, Hunger, Dunkelheit immer weiter zerfallendes Gesicht der Film etwas unerträglich Beklemmendes. Regisseur Franklin Schaffner benutzt ohne Umschweife auch bei diesem Stoff alle exotischen Details, die ihm der Dschungel und die mittelamerikanische Landschaft, nicht zu vergessen das Meer, anbieten. Ihm "gelingen" dabei Szenen, deren von Härte und Rührseligkeit gemischte Dichte stark an David Leans "Doktor Scbiwago" erinnern. Dabei hat man zu Beginn den Eindruck, der Film enthülle das wirkliche Gefangenensystem. An Stelle der beanspruchten Resozialisierung o. ä. das blanke Spiegelbild der Gesellschaftsstruktur und Hierarchie: auch hier gelingt einigen ob der unternehmerischen und finanzspekulierenden Findigkeit (so Louis Dega/Dustin Hoffman) der Weg in erträgliche Gefängnispositionen, andere, die sich diesen andienen, können sich ebenfalls über Wasser halten, alle übrigen gehen zugrunde. Doch dieser erste positive Eindruck wird im Lauf des überlangen, mit allen filmischen Effekten bravourös spielenden Filmes wieder zunichte gemacht. Es ist daher verständlich, daß es im Kino an ganz unmöglichen Stellen Lacher gibt. Diese Lacher gehen zu Lasten eines Films, der mit "einem Aufwand von mehr als acht Millionen Dollar gedreht" worden sein soll ("NZZ" vom 29. 12. 1973) und, genau kalkuliert, in den USA und bei uns an den Feiertagen seinen finanziellen Durchbruch erreichen sollte. Das Kalkül wird aufgehen.