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A Flower of Mine

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Es scheint kein Ende zu nehmen, was Paolo bei der Erkundung dieses Berges, den er seit einigen Jahren zu seinem Zuhause gemacht hat, lernen kann. Manchmal fühlt er sich auch wie ein Geist, und Laki, sein alter Hund, wird sein Führer. Wohin wird sie ihn führen? Um es mit den Worten von Suzanne Simard zu sagen: In diesem Film geht es nicht darum, wie wir den Berg retten können. Es geht darum, wie der Berg uns retten kann.
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Der Klimawandel kommt in „Fiore Mio“ zur Sprache. Zwei-, drei-, vielleicht auch viermal. Nicht oft jedenfalls für einen Film, der den Gletschern des Monte Rosa ein Denkmal setzt. Der italienische Schriftsteller Paolo Cognetti, der die Sommer seiner Kindheit in den Bergen des Monte-Rosa-Massivs in den Walliser Alpen an der Grenze zwischen Italien und der Schweiz verbracht hat, hat sich am Ende gegen den anfangs geplanten Voice-Over-Kommentar entschieden. Stattdessen sieht man ihn nun gemeinsam mit seinem Hund Laki die weite, zerklüftete alpine Landschaft durchsteigen und wie Steinböcke, Füchse und Murmeltiere in den gewaltigen Naturpanoramen beinahe verschwinden. Man hört und sieht ihn im Dialog mit den Menschen, die dort oben leben und von denen die meisten ihn schon von klein auf kennen.

Etwa in Orestes Hütte, die in Angedenken an den 2004 verstorbenen Alpinisten Oreste Squinobal von dessen Bruder Arturo und Arturos Tochter Marta errichtet wurde. Marta, die die auf 2625 Metern gelegene Schutzhütte gemeinsam mit ihrem Bruder betreibt, erklärt in einem dieser Gespräche, dass sie sich nicht als Hüterin der Berge verstehe, weil die Berge das nicht nötig hätten. Wir müssen die Berge nicht retten, heißt es an anderer Stelle, die Berge aber könnten uns retten.

Auf den Spuren des Gletscherwassers

Ist das also die Botschaft des Films? Mag sein. Cognettis Regiedebüt schöpft eine fühlbare, melancholische Kraft allerdings gerade daraus, dass es keine Botschaft vor sich herträgt. Das Reden überlässt Cognetti überwiegend denjenigen, denen er auf den Spuren des Gletscherwassers vom Aostatal hinauf in die Berge begegnet. In Orestes Hütte sind das Marta und Arturo, der ihn als kleinen Jungen mit auf seine Bergtouren genommen hat und den er jetzt noch einmal in den Schnee begleitet. Auf 3036 Metern ist es die junge Anthropologin Mia, die nur vorübergehend auf der Mezzalama-Hütte arbeitet, an einem Ort, an dem sie zur Ruhe findet, sich zu Hause fühlt, aber dennoch nicht bleiben wird. Davor hat sie in Dublin bei McDonald’s gejobbt; was danach kommt, weiß sie noch nicht. Nur dass sie die Berge vermissen wird, ahnt sie schon.

Auf 3585 Metern bei der Quintino-Sella-Hütte schließlich ist es der ehemalige Sherpa Sete, der von seinen Erfahrungen am Mount Everest berichtet, von den Freunden, die über die Jahre hinweg im Gebirge ums Leben gekommen sind, durch Lawinenstürze oder Gletscherspalten. Sein tiefgründiges Lächeln verliert er selbst bei solchen Erinnerungen nicht. Wäre er in Nepal geblieben, sagt er lächelnd, wäre er längst tot.

Es sind Geschichten, die für Romane taugen, wie Cognetti sie geschrieben hat. Sein wohl bekanntester, „Acht Berge“, für den er 2017 den italienischen Literaturpreis „Premio Strega“ erhielt, wurde von Felix Van Groeningen und Charlotte Vandermeersch verfilmt. Die Adaption gewann 2022 in Cannes den „Preis der Jury“. Ruben Impens, der für „Acht Berge“ die Kamera führte, ist es jetzt auch, der in „Fiore Mio“ dafür sorgt, dass diese persönlichen Erzählungen angesichts der überwältigenden, rauen, unerbittlichen Schönheit der Schneefelder, Gletscherseen und Felsmassive in den Hintergrund geraten.

Als wären die Menschen nur Mosaikteilchen

Es scheint, als würden nicht die weitläufigen, bildgewaltigen Landschaftsaufnahmen die faszinierenden Biografien illustrieren, sondern umgekehrt, als wären die Menschen mit ihren Geschichten nur Mosaikteilchen einer beharrlichen und sich doch unaufhörlich wandelnden Bergwelt, die weiter bestehen wird, selbst wenn die Gletscher und die Menschen schon lange nicht mehr da sind.

Vielleicht verbirgt sich in diesem Memento Mori dann doch eine poetische Botschaft. In den langen, ruhigen Stunden, sagt Marta, sei es oft schwer, den Bergen ohne ein spirituelles Fundament standzuhalten. Sie selbst hat ihres im Yoga gefunden. Cognetti und Impens suchen ihres womöglich im filmischen Blick. Der Filmtitel „Fiore Mio“ zitiert ein Lied von Andrea Laszlo de Simone, das erst ganz am Ende zu hören ist. „Die Sterne leuchten metallisch und weiß“, heißt es darin, „meine Blume, Blume meiner Seele.“

Veröffentlicht auf filmdienst.deA Flower of MineVon: Stefan Volk (12.8.2025)
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