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Filmkritik
Für den Neuanfang schlägt Superman (David Corenswet) zunächst hart auf. Der Superheld stürzt aus dem Himmel in die Eiswüste der Antarktis. Sein erster verlorener Kampf, der spätestens in dem Moment zum triumphalen Fehlschlag wird, als Superman mit einem übermenschlich lauten Pfiff seinen Begleiter Superdog ruft, der sogleich auf ihn zugestürzt kommt. Doch bevor er den Superhelden rettet, schnappt sich der computeranimierte Köter erst einmal dessen Wade oder springt auf dem Rücken des Geschlagenen auf und ab.
Der Tonfall in der von James Gunn inszenierten Neuauflage von Superman ist leichter. Es ist eine Rückkehr zur nostalgischen Albernheit, die in den Beiträgen von Zack Snyder zum „DC Extended Universe“ gegen bierernsten Bombast getauscht wurde. Nicht neu aufgelegt werden hingegen die Figuren. Superman, Clark Kent, seine menschlichen Pflegeeltern aus Kansas, seine Kollegin und Geliebte Lois Lane (Rachel Brosnahan) und sein Erzfeind Lex Luthor (Nicolas Hoult) müssen der Welt zwar nicht erneut vorgestellt werden. Hier allerdings sind sie so selbstverständlich, dass der Film sich gar nicht erst die Mühe macht, sie als lebendige Figuren zu zeichnen.
Konfrontation mit einer neuen Ära
Alle sind da, wo sie immer waren; alles war schon einmal da, und die „Origin Stories“ sind ohnehin aus tausend anderen Verfilmungen bekannt. Überhaupt ist in Metropolis jegliche Spielart des Superhelden-Lebens längst Routine. Angriffe von Riesenmonstern aus fremden Dimensionen sind Alltag. So sehr, dass Lois und Clark in aller Ruhe ihre Probleme und die Probleme der Menschheit ausdiskutieren können, während Supermans prominente Kamerad:innen, Green Lantern (Nathan Fillion), Mister Terrific (Edi Gathegi) und Hawkgirl (Isabela Merced), sich im Hintergrund eines „harmloseren“ Exemplars von intergalaktischer Krake entledigen.
Die Welt von „Superman“ ist bekannt, und alles in ihr und um sie herum ist als solches vorausgesetzt. Echte emotionale Dynamik kommt dort allerdings nicht mehr auf, wo alles in vorgefertigten Bahnen verläuft. Nicht einmal der Kontrast zwischen dem wissenden Clark Kent und seinem unwissenden Umfeld existiert noch. Lois ist längst eingeweiht, und auch die Superhelden-Kollegen kennen längst die Geheimidentität des Kryptoniers.
„Superman“ geht es offenkundig um etwas anderes. Die alte Welt ist schnell etabliert, um mit einer neuen Ära konfrontiert zu werden. Die aus diversen Dekaden importierten und neu abgemischten Superman-Versatzstücke müssen sich nun im Trommelfeuer der digitalen Gegenwart bewähren. Der Superman, der in den 1940er-Jahren Kaiser Hirohito und Adolf Hitler wie ungezogene Kleinkinder am Nacken packte, macht das gleiche nun mit dem fiktiven, slawisch klingenden Diktator des fiktiven Schurkenstaats Boravia, als dieser ins Nachbarland einmarschiert.
Augenscheinlich ist sich Superman treu geblieben; nur die Welt um ihn herum ist eine andere geworden. In der Gegenwart bejubelt man die Heroen nicht mehr für ihre Taten, man hinterfragt sie. Und ist dabei nicht immer fair: Bot-Farmen, Desinformation und der narzisstische Milliardär, der sie finanziert, sind die eigentlichen Gegner, mit denen sich Superman herumschlagen muss. Lex Luthor, seine Affen-Bots und der böse Diktator hacken gemeinsam auf Superman herum – und der weiß sich nicht wirklich zu wehren. Selbst beim Probeinterview nimmt ihn seine Freundin Lois mit ein paar moralphilosophischen Nachfragen rhetorisch komplett auseinander.
Die Malaise der digitalen Gesellschaft
„Superman“ ist um die Reibung zwischen dem nostalgischen Superhelden-Dasein und der Malaise der digitalen Gesellschaft gebaut. Womit sich der Film zunächst aber keinen Gefallen tut. Die Diskussionen um Recht und Unrecht, Privatisierung oder Verstaatlichung von Superkraft sind anfangs ein gewaltiger Klotz am Bein eines Films, der vielleicht doch lieber gewitztes Actionkino um die Tatsache herum basteln möchte, dass Superdog eben nicht des Übermenschen bester Freund, sondern ein unerzogener Wadenbeißer ist.
Die Diskussion um den Weg zum Guten ist allerdings nichts Neues für Superman. Bereits in der Superman-Trilogie von Zack Snyder drehte sich der Streit zwischen der von den USA repräsentierten Menschheit und dem Übermächtigen um die Frage, ob man das Gute nicht doch lieber über demokratische Aushandlungsprozesse erreichen soll, statt es Superman und seinem reinen Herzen zu überlassen. Auch dort war es Lex Luthor, der hinter den Kulissen die Fäden zog. Wo Snyder das Ganze aber in das Kräftemessen zwischen dem Messias und dem Diesseitigen plus der dazugehörigen Weltenzerstörung zu kanalisieren wusste, bringt Gunns Neuauflage die Schwierigkeiten nie auf den Punkt, die Superman als Außerirdischer hat, inklusive der Einsamkeit, die das mit sich bringt.
Eine Gegenwelt en minature
Im Gegensatz zu Synders Bombast, der die Superkräfte benutzte, um seine wahnwitzige digitale Bildmaschine anzutreiben, bleibt James Gunn fest an Zeitbezüge und Nostalgie gekettet. Dabei ist der Kontrast zum Vorgänger, den der Film selbst absteckt, durchaus gewitzt. Bei seinem Kampf mit dem von Lex Luthor kontrollierten Ultraman pulverisiert Superman nicht die gesamte Stadt; er hält kurz den Verkehr auf, zerstört ein Stück des Gehsteigs und prallt gegen die Scheibe eines Wolkenkratzers, die nur einen kleinen Riss abbekommt. Doch die Attraktionen drumherum sind durchaus reizvoll: Luthor hat sein persönliches Mini-Universum mit eigenem Antiprotonen-Fluss errichtet, in dem die Teilchen wie bunte Pixel fließen, bis sie schließlich ins Schwarze Loch stürzen, das die Gefängnisflügel nach Foucaultschem Vorbild und die von Affen betriebenen Desinformations-Bots mit Energie versorgt.
Wirkliche Ideen, wie all das visuell in Szene zu setzen ist, hat der Film aber allzu selten. Die Leinwand ist stets mit computergenerierten Feinden vollgeklatscht, deren Kollisionen mit Superman, dem Protonenfluss, den Wolkenkratzern oder sich selbst kaum Gewicht haben. Selbst der ikonische Superman-Flug bleibt auf ein Close-Up von David Corenswet reduziert. Der Hauptdarsteller verkörpert inmitten des digitalen Baggermatsches allerdings einen sympathisch geerdeten Superman, der auch noch das letzte Eichhörnchen rettet und selbst das Riesenmonster nicht töten, sondern erst einmal einfangen und dann eventuell an einen intergalaktischen Gnadenhof übergeben möchte. Superman ist hoffnungslos naiv, eben weil er die Fähigkeiten hat, die es braucht, um diese Naivität in der Welt geltend zu machen. Wäre da nur nicht die Welt, die ihm ständig in die Quere kommt.